Mittelohrentzündungen – Teil 2

Mittelohrenentzündungen - Teil 2

Die Mittelohrenentzündungen haben ein spezifisches Errregerspektrum. Der Nachweis der Erreger mit der entsprechenden Diagnostik ermöglicht es, gezielte Empfehlungen zur Behandlung abzuleiten. Noch besser eignen sich vorbeugende Massnahmen, um den Ausbruch von Infektionen zu verhindern. Damit können Stressfaktoren vermieden werden.

Der Erreger und seine Verbreitung

Ganz zu Beginn des Krankheitsgeschehens stehen Mykoplasmen im Verdacht, eine zentrale Rolle zu spielen. Mykoplasmen sind sehr kleine Bakterien, die sich in verschiedenen Geweben einnisten und die Bildung eines Biofilms bewirken können. Sie nützen zudem Veränderungen im Immunsystem aus und bereiten anderen Erregern den Weg für eine Sekundärinfektion.

Studien zeigen, dass sich Mykoplasmen in den letzten Jahren und Jahrzehnten zunehmend in Europa ausbreiten. In der Schweiz wurden im Jahre 1999 bei durchschnittlich 13 % der Tiere in 78 % der untersuchten Herden Tiere erkannt, die in ihrem Leben mit Mykoplasmen in Kontakt gekommen sind, indem in ihrem Blut Antikörper nachgewiesen wurden. Mykoplasmen können in einem Tier präsent sein, ohne eine Krankheit auszulösen (vergleiche „Vorbeugende Massnahmen“).

Kälber sind durch ihr junges Alter und durch das noch unausgereifte Immunsystem sehr anfällig für Mykoplasmen. Oft gelangen Mykoplasmen von zugekauften Tieren in einen Bestand und über die Milch von Mykoplasma-positiven Kühen in die Kälber. Mykoplasmen verursachen bei Kälbern primär Ohr- und Lungeninfektionen, aber auch Gelenksinfektionen.

Mykoplasmen überleben in der Umwelt grundsätzlich nicht lange - ausser wenn sie sich in einem Biofilm einnisten können. Biofilme bilden sich vor allem in feucht-warmer Umgebung, welche in einem Stall an verschiedenen Orten zugegen ist (Milchtränkevorrichtungen, Wasserleitungen, etc.).

Die beim Rind bekannten Mykoplasmen-Arten stellen für den Mensch keine Gefahr dar.
 

Nachweis des Erregers (Diagnostik)

Eine Probenentnahme direkt aus dem Mittelohr ist aufgrund der Anatomie nicht möglich.

Da das Mittelohr jedoch durch die Eustachische Röhre mit dem Rachenraum verbunden ist, empfiehlt sich auf einem Problembetrieb die Entnahme von tiefen Nasentupfern (siehe Bild). Eine Lungenspülung (bronchoalveoläre Lavage) ist bei Lungeninfektionen die Probenentnahme der Wahl.

Mykoplasmen sterben in der Umwelt rasch ab und die Proben müssen deshalb in einem speziellen Medium umgehend ins Labor verbracht werden.
 

Empfehlungen zur Behandlung

Wie in Teil 1 besprochen muss eine Mykoplasmen-Erkrankung früh erkannt und behandelt werden. Sobald Mykoplasmen in einem Organ Biofilme gebildet haben und sich darin verstecken, ist die Therapie oft erfolglos, da das Antibiotikum nicht in den Biofilm eindringen kann.

In Zusammenarbeit mit dem Bestandestierarzt sind folgende Punkte bei der Behandlung von Mittelohrentzündungen zu berücksichtigen:

  • Gabe von Entzündungshemmer 1 – 2 x
  • Wirksamkeit von Antibiotika während mindestens 6 Tagen
  • Wahl des Antibiotikums in Abhängigkeit des Alters, Immunstatus und Stadium der Krankheit
  • grundsätzlich gilt als 1. Wahl ein Antibiotikum der Gruppe Florfenicole oder Tetrazykline
  • Wenn ein Kalb nach einer ersten Mittelohrentzündung ein weiteres Mal daran erkrankt oder die Krankheit nach 6 Tagen Antibiotika ungenügend auskuriert ist, empfiehlt sich der Einsatz von Penicillin-Antibiotika, um die Sekundärerreger - oft Eitererreger - gezielt zu bekämpfen.


Komplikationen

Komplikationen treten häufig auf, wenn die Entzündung des Mittelohrs zu spät erkannt wird und sich die Mykoplasmen in Biofilmen verschanzen sowie sich Sekundärerreger einfinden können.
 

Vorbeugende Massnahmen

Das wirksamste Mittel, um den Ausbruch einer Infektion durch Mykoplasmen zu verhindern, ist die Reduktion von Stressfaktoren. Für Kälber bedeutet dies Folgendes:

  • Adäquate Mineralstoffversorgung und Fütterung der Galtkuh
  • Schonende Geburt und optimale Aufzuchtbedingungen während der ersten drei Lebenswochen (Wärme bzw. Mikroklima, Hygiene, intensive Milchfütterung, etc.)
  • Besatzdichte senken
  • Belüftung verbessern (frische Luft, Trocknung)
  • zugluftfreie Orte schaffen (Kälberschlupf)
  • grosse Temperaturschwankungen verhindern
  • keine Mykoplasmen-Milch an Kälber verfüttern

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